Track Record – Auf den Spuren der erfolgreichen britischen Bahnradfahrer
  13.05.2014 •     Badischer Radsportverband , Über Badens Grenzen


Das die britischen Bahnradfahrer seit Jahren die schräge Ovalen dominieren, steht definitiv außer Frage...

Lediglich die deutschen Fahrer und vor allem Fahrerinnen können wenigstens im Kurzzeitbereich Paroli bieten. Aber woher kommt diese Dominanz? Ein kurzer Abstecher nach Manchester zum National Cycling Centre half Licht auf das Phänomen zu werfen. Spätestens nach der Londoner Olympiade 2012 wissen wir nicht nur wie sportbegeistert sondern auch fachkundig und fair die Inselbewohner sind. Diese Begeisterung ist in allen Gesellschaftsschichten zu finden und ist so präsent und überzeugend, dass der Staat umfangreiche finanzielle Mittel zum Ausbau von Sportstätten zur Verfügung stellt. Nicht selten werden Einnahmen aus staatlichen Lotterien verwendet.

Ein Beispiel dieser Investitionen ist die Sportscity im Südosten von Manchester, die in 2002 für die Commonwealth Games erbaut wurde. Neben dem National Cycling Centre mit seinem Velodrom, BMX Bahn und MTB Parcour stehen weitere nationale Stützpunkte für Tennis und Squash sowie eine Indoor Leichtathletikbahn zu Verfügung. Herzstück von Sportscity ist das mit 48.000 Sitzplätzen bestückte City of Manchester Stadium, das von dem traditionsreichen gleichnamigen Fußballverein beheimatet wird.

„Home of Bristish Cycling“ steht groß, hoch und stolz über den Eingang. Offen am Sonntagnachmittag? Selbstverständlich! In der riesigen Empfangshalle wird einem von dem zahlreichen Personal sofort geholfen. „Sie wollen die Bahn anschauen? Kein Problem. Es läuft gerade eine Trainingssession für den Nachwuchs. Von der Tribüne bekommen Sie den besten Überblick. Hierdurch geht’s zur Innenraum, falls Sie das Ereignis hautnah erleben wollen“.

Im Tunnel zum Innenraum hängt der Belegungsplan der Bahn. Die ist jeden Tag offen von 8 bis 22 Uhr. Drei Stunden pro Tag trainiert die britische Sky Mannschaft. Ansonsten finden zahlreiche Sessions für Vereine in allen Altersklassen statt. Auch Schnupperstunden sind buchbar—mit Leihräder von Dolan, die reihenweise den Tunnel links und recht säumen.

Im Innenraum des 250 Meter langen Holzovals mit steilen 42,5 Grad Überhang bekommt man Gänsehaut. Die Ränge sind leer, dennoch hört man jubelnde und anfeuernde Zuschauer. Es riecht nach Muskelöl. Man spürt den Fahrwind von Chris Hoy oder Vickie Pendelton im vorbeifahren. Diese Namen und viele Andere hängen im Hall of Fame, in der auch eine imposante, lebensgroßen Skulptur steht.

Zurück auf der Bahn stehen zirka 25 Fahrer-innen an der Balustrade aufgereiht. „Normalerweise haben wir viel mehr. Aber es sind gerade Osterferien“ erklärte der Chefcoach. Der Reihe nach schiebt sein Assistent die Jungs und Mädels auf die Bahn. Es wird mit fliegendem Start über einer Runde gestoppt. „Was für ein Zeit soll ich anpeilen“, fragt ein stämmigen Knirps aus Liverpool?“ Mit typischen britischen Humor antwortet sein Vater, „Unter 5 Minuten wäre gut“. Als der Zeitanzeige bei 24,5 Sekunden stehen blieb, waren Vater sowie Sohn zufrieden.

Nicht nur Fahrer vom Traditionsverein Liverpool Century waren beim Training dabei. Nachwuchstalente direkt aus Manchester sowie den umliegenden Städten wie Birkenhead oder Stockport haben den Nachmittag im Velodrom verbracht. Erfreulicherweise waren auch viele Mädels dabei. Ob eine neue Pendleton oder Trott sich darunter befand, bleibt noch abzuwarten. Auf jedem Fall ist der Basis sehr breit und mit der richtigen Betreuung und Eigenmotivation könnte vielleicht doch ein zukünftige Weltmeister oder Olympiasieger zu sehen gewesen sein.

Fazit: An der Basis wird sehr intensive mit Nachwuchsförderung gearbeitet. Als Konsequenz ist es dann nicht verwunderlich, wenn die Briten am laufenden Band Spitzenathleten produzieren. Auch wenn der Fokus auf Höchstleistung steht, geht der Spaß Faktor nicht verloren. Die Briten haben nicht nur eine Goldprägemaschine erschaffen, sondern auch den Bahnradsport salonfähig und volksnah gemacht. Chapeau!